Text, Fotos: Vilsbiburger Zeitung, 31.07.2009 (Georg Soller)

Naturerfahrungsraum am Rettenbach - 07/2009

Am Rettenbach: Mit dem Kescher auf Entdeckertour

Helmut Naneder, Fachkraft für Naturschutz beim Landratsamt, zeigt zwei Besucherinnen im Naturerfahrungsraum Rettenbach, wie viele unterschiedliche Tiere im Bach leben.

Eintauchen in die pralle Natur

Der Naturerfahrungsraum Rettenbach steckt inzwischen voller seltener Lebewesen

Vilsbiburg. Heute ist der letzte Schultag. Die Kinder freuen sich auf die Ferien und darauf, den ganzen Tag herumtollen zu können. Ein besonderer Ort für immer neue Entdeckungen ist der Naturerfahrungsraum Rettenbach an der Rombachstraße. Das renaturierte Gewässer und die extensiv bewirtschaftete Wiese steckt inzwischen wieder voller Lebewesen, die im sonstigen Stadtgebiet nicht mehr zu finden sind. Wer mit offenen Augen in den Naturerlebnisraum eintaucht, bekommt einen Eindruck davon, wie vielfältig die Natur eigentlich ist.

Grossansicht in neuem Fenster: Am Rettenbach: Robert Beringer an einer der vielen InfotafelnViele Biologielehrer haben die kleine Bachoase bereits entdeckt Gerade kurz vor den Ferien suchten zahlreiche Klassen den Lernraum Rettenbach und erfreuten sich an den blauen Prachtlibellen, an bunten Schmetterlingen und dem Leben im Bach. Der Rettenbach ist zwischenzeitlich wieder so sauber, dass sich sogar die bedrohte, gemeine Bachmuschel wieder angesiedelt hat und fortpflanzt. "Wir bieten ein offenes, grünes Klassenzimmer", sagt Robert Beringer, der als Mitglied einer Agenda-21-Gruppe begonnen hat, das Konzept zu entwickeln. Beringer ist Lehrer und bietet heute ein ausgearbeitetes Lehrkonzept für seine Kollegen an. Der Rettenbach war das Pilotprojekt. Inzwischen sind auch andere Städte und Gemeinden dem Beispiel Vilsbiburgs gefolgt und haben eigene Naturerlebnisflächen ausgewiesen.

Grossansicht in neuem Fenster: Wasseruntersuchung am RettenbachRobert Beringer ist mit seinem Naturerfahrungskonzept meistens dabei. Sein oberstes Ziel: Wenn die Kinder den Umgang mit der Natur wieder gelernt haben, können sie auf eigene Faust auf Erkundung gehen. "Man glaubt es kaum, aber die meisten Kinder haben zuerst Hemmungen, barfuß zu laufen oder gar durch den Bach zu waten. Wenn sie das wieder für sich entdeckt haben, sind sogar Teenager völlig begeistert", sagt die Kräuter-Pädagogin und Bio-Bäuerin Lisa Fleischmann, die den Naturerfahrungsraum in Vilsbiburg fachlich betreut.

Die Natur ist vielen Stadtkindern fremd geworden. Die wenigsten wissen, dass man nicht ganze Pflanzen ausreißt, sondern nur einzelne Blätter abrupft, um sie bestimmen zu können. Insekten, Fische oder Schnecken können eingefangen und im Lupenglas genau betrachtet werden - danach dürfen sie aber wieder in ihren angestammten Lebensraum zurück. Die alten Erfahrungen, was man essen darf oder was besonders böse brennt und juckt, kann in den gepflegten Gartenanlagen niemand erlernen. "Viele Kinder müssen sich erst trauen, etwas anzufassen", sagt Beringer. Aber wie sollte es auch anders sein in einer Zeit, in der aufgrund der wachsenden landwirtschaftlichen Monokulturen die Bienen schon im Sommer anfangen, Hunger zu leiden.

Grossansicht in neuem Fenster: Der Rettenbach steckt voller seltener LebewesenAm Rettenbach ist das anders. Da summen Wildbienen, flattern Schmetterlinge und zirpen die Grillen. Die Kinder können eintauchen in hohe Wiesen und dunkle Hecken. Wer mehr wissen will, für den gibt es im Rathaus oder in der Buchhandlung Koj, Obere Stadt, so genannte Forscherbögen. Vier verschiedene Typen - die Naturrallye für Einsteiger, die Bachsafari, eine Hecken-Rallye oder die Kräuter-Entdecker-Tour - führen die Kinder und ihre Eltern entlang von Lehrpfaden zu den besonderen Schönheiten am Rettenbach. Einrichtungen wie Infoklappen, ein Nasenkino oder das Insektenhotel führen das Leben am Rettenbach gezielt vor Augen. Wer sich Zeit lässt und auf die Entdeckungstour ganz einlässt, findet bekannte und unbekannte, seltene, oder bereits vergessene Schönheiten am Wegrand. Für eifrige Forscher gibt es übrigens einen Naturforscher-Pass, mit dem man Punkte für ein Abzeichen sammeln kann.